
Review: Sea of Stars – Throes of the Watch Maker
Vielen Dank an Square Enix & MSM Digital für das Bereitstellen der von uns genutzten Review-Version!
Wir haben dieses Spiel für PC (Steam) getestet.
Es wird endlich mal Zeit über ein mega wichtiges Japan-Rollenspiel zu sprechen, dass aus französischen Händen stammt, eine dramatische Reise von Auserwählten gegen eine böse Übermacht erzählt und dabei einen Liebesbrief für das Genre verfasst. Ja…Nein, wir reden heute nicht über Clair Obscure Expedition 33, aber dafür über Sea of Stars! Wie bitte? Das interessiert euch nicht? Nun – das ist mir einerseits egal und zweitens – Sea of Stars, sowie sein kürzlichst veröffentlichter DLC ebenso. Da wir nun aber auch ohnehin gute zwei Jahre zu spät dran sind für die Sea of Stars Party, werde ich das Spiel nun als Gesamtpaket rezensieren, da das Addon ohne weitere Kosten im Basisspiel enthalten ist.
Die Historie
Die zwei Personen, die diese Texte tatsächlich lesen, wissen was jetzt kommt: Bärtiger, weißer Mann mittleren Alters redet ein bisschen über die Historie von diesem Spiel. Die reicht zwar ausnahmsweise mal kaum zehn Jahre in die Vergangenheit, doch nennenswert finde ich es trotzdem. Sabotage Studios – die Entwicklerschmiede – hat sich im Jahr 2016 während des Studiums an ein gemeinsames Projekt zusammengesetzt – das ist heutzutage bekannt als „The Messenger“. 2018 hat das Spiel dann schließlich eine Wagenladung an Preise gewonnen – zurecht meiner Meinung nach – und fortan hat sich das Studio es zur Aufgabe gemacht alte Genre zu nehmen und diesen einen modernen Pixel-Touch zu geben. Während ihr erster Titel eine hervorragende, sowie clevere, Hommage an 8 und 16-Bit Platformer ist, nimmt sich Sea of Stars das japanische Rollenspiel vor. Das ganze wurde über Kickstarter finanziert und während der ursprüngliche Release durchaus seine Probleme hatte, ist das Spiel inzwischen um einige Inhalte ergänzt worden, wie beispielsweise einem Couch Coop oder dem nun veröffentlichten Throes of the Watchmaker.
Die Geschichte
An dieser Stelle möchte ich auf ein Problem aufmerksam machen, dass mich bei Indie Rollenspielen mit Pixelgrafik immer etwas vorsichtig und mit geringen Erwartungen konfrontiert – die Geschichten sind oftmals ein Best-Of aus dem typischen Klischeebrei.
Sea of Stars ist eines dieser wenigen Beispiele, wo die Entwickler eindeutig auf letzteres zurückgreifen, es aber auf intelligente Art durch die Charaktere feinstens ausbügeln. Doch wovon rede ich überhaupt?
Die Welt von Sea of Stars ist vom Fleshmancer bedroht. Dieser Bösewicht mit herrlich bescheuerten Namen lässt Monster auf die Welt los, die nur durch die Macht der Eklipse besiegt werden können. Personen, die über diese Magie verfügen, gibt es aber nicht überall, sondern die fallen wortwörtlich vom Himmel und müssen dann jahrelang während ihres Trainings ihren persönlichen Stoff weben. Das ist zu albern, als das ich es mir ausdenken könnte. Ist dieses Tuch irgendwann fertig, machen sich die jungen Krieger auf die Reise, um das Böse zu besiegen. In diesem Fall sind das Valere, die Mondmagie beherrscht und Zale, der das Sonnenpendant bildet.
Nun – das klingt zugegeben alles etwas seltsam, ist aber auch nur das typische gut gegen Böse. Sehr viel tiefgründiger wird die Handlung auch nicht – Es passieren ab und an sehr gute Wendungen und durchaus auch das eine oder andere dramatische Ereignis, doch überraschend komplex ist davon nichts. Das muss es allerdings auch nicht sein, denn ich wurde trotzdem sehr gut unterhalten. Das betrifft sowohl die Handlung des Basisspieles als auch die des DLCs. Allen voran liegt das an den Charakteren und deren Interaktion. Die Heldentruppe und die dazugehörige Welt verfolgt zwar einen eher gewöhnlichen Humor, trug aber insgesamt sehr gut zur Unterhaltung bei. Tatsächlich muss ich meine Worte über die mangelnde Komplexität sogar minimal zurückziehen, denn das Spiel geht mit tragischen Ereignissen gewissermaßen besser und nahbarer um als beispielsweise ein Final Fantasy VII – und das sollte ja wohl ein gutes Lob sein. Komplexität ist also hier und da doch durchaus vorhanden – ich denke hier wär mehr möglich gewesen, hätte man sich nicht zu sehr an Traditionen gehalten.
Ein bisschen meckern muss ich allerdings über die Dialoge an sich. Ich hatte keine Gelegenheit zu testen, ob die englischen Texte hier etwas besser sind, doch die deutschen wirkten auf dem Niveau eines Teenagers. Wenn mir das größte Übel der Welt sagt, dass ich gleich eins auf die Nuss bekomme, finde ich das einerseits unweigerlich witzig, andererseits hinterfrage ich seine Autorität.
Die Grafik
Ziemlich autoritär hingegen ist die Optik – denn die zwingt mir wunderschönste Pixelkunst auf. Wenn Sabotage Studios sagt, dass sie sich genau das zur Mission gemacht haben, dann ist Sea of Stars die Musterantwort. Das Spiel sieht in jeglicher Hinsicht wunderschön aus, hat sehr detaillierte Welten und ich wage zu behaupten, dass mir hier fast kein einziger Dungeon optisch auf den Allerwertesten ging. Ganz im Gegenteil – während hier das ABC der typischen Locations abgespielt wird, traut der Entwickler sich auch an kreative Ideen ran. Und auch sonst wirken alle Details makellos. Sea of Stars ist ein sehr schönes Spiel, dass an vielen Punkten einen inneren „Hier wär ich jetzt gerade echt gerne“ – Wunsch auslöst. Wenn ich hier meckern müsste, dann das die Dungeons hier und da etwas schlecht in Winkeln einfangbar ist. Das liegt aber eher an einer spielerischen Mechanik, die das Spiel tendenziell dazu zwingt. Mehr dazu später. Auch die Designs und Konzepte in Throes of the Watchmaker sind großartig umgesetzt.
Die Musik
Der Soundtrack ist ein Traum – Ende. Nächster Abschnitt. Nun gut – etwas mehr Inhalt muss ich schon ergänzen. Die musikalische Untermalung wurde von zwei Künstlern kreiert. Rainbowdragoneye (Eric W. Brown) ist bereits bekannt für die sehr gute Musik in „The Messenger“, während zehn Tracks von einem Urgestein der Branche komponiert wurden – Yasunori Mitsuda (Chrono Cross, Xenogears, Chrono Trigger, etc). Um letzteren hatte ich das Marketing bereits etwas vergessen und im Spiel fiel es mir dann auch eher nicht auf. Das ist aber tatsächlich etwas sehr gutes, weil beide Künstler hier aus nahezu jedem Track ein Fest machen. Entschuldigt bitte meine frivole Ausdrucksweise, aber hier fetzt fast jedes Stück und passt hervorragend ins das aktuelle Geschehen. Sogar Ohrwürmer sind entstanden, die mir außerhalb vom Spiel im Gedächtnis blieben. Das hatte ich schon eine Weile nicht mehr bei neuen Spielen und begrüße es umso mehr. Also auch vom Soundtrack – großartige Leistung von zwei bemerkenswerten Künstlern.
Das Gameplay
Kommen wir zur Königsdisziplin eines jeden japanischen Rollenspieles – dem spielerischen Aspekt. Ich vertrete hier eisern die Meinung – Es kann alles großartig sein, doch wenn das Gameplay öde ist, wird es schwer sich über 40 Stunden zu tragen und die lässt man hier inklusive des DLCs auf jeden Fall liegen. Um hier Entwarnung zu geben – ich habe mein Steam Deck jeden Abend wahnsinnig gerne angeschaltet, um wieder etwas Sea of Stars für den Test zu spielen, denn ich hatte wirklich Spaß.
Die Basics versuche ich mal kurz zu halten. Wir durchqueren Dungeons, Städte und weitere Orte, reden mit den Menschen und treiben die Handlung voran. Das ist die typische Kost, die man von nahezu jedem Rollenspiel erwarten kann. Interessant ist hier die Fortbewegung, denn man klettert, springt, schwimmt und schwingt sich kreuz und quer durch die Abschnitte. Das ist eine tolle Mechanik, die ich mir in gut von mehreren Spielen dieser Kategorie wünschen würde. Ich habe nun schon sehr sehr viele RPGs gespielt und irgendwann fangen Gänge an sich nur noch in den Texturen zu unterscheiden. Sea of Stars lässt mir am Ball bleiben durch dieses simple Element. Es ist dabei nicht mal anspruchsvoll – man kann nirgendwo runterfallen, keine völlig ungeeignete Sprungmechanik, sondern alles passiert mehr oder minder auf Knopfdruck.
Das gleiche gilt für Rätsel – Sea of Stars hat einen Narren gefressen am Kistenschieben. Und wir wissen alle – „Ist dein Rollenspiel noch nicht lang genug, dann bau einfach noch ein paar Schlüsselsuchen und Kisten ein – die machen das schon“, um den YouTuber „DasDennis“ zu zitieren. Der Unterschied – und warum das hier ausnahmsweise mal nicht nervt – ist das Tempo. Man flitzt quasi über die Karte, Rätsel sind schnell gelöst und gibt es dann doch mal eine Kopfnuss, benötigt die berechtigterweise etwas länger. Manchmal ist es lediglich schwer zu erkennen, wo man denn nun hin kann. Das liegt fairerweise etwas daran, dass es schwer ist eine zweidimensionale Welt auf eine dreidimensionale Art zu durchqueren – versteht ihr? Das sind aber durch die Bank weg geringe Probleme.
Probleme macht ohnehin nur der Fleshmancer und den müssen wir bekämpfen! Ehm ja – das Kampfsystem. Es ist recht simpel, aber unterhaltsam. Das Spielprinzip ist rundenbasiert und wir können dem Gegner die Suppe versalzen indem wir seine Schwächen ausnutzen. Über jedem Gegner wird angezeigt, wann er das nächste Mal zum Zug kommt. Nutzt dieser eine besonders mächtige Fähigkeit erscheinen Schlösser über ihm – treffen wir den Feind mit einer passenden Aktion, löst sich eines dieser Schlösser auf. Sobald alle weg sind, wird die Aktion unterbrochen. Das verschafft dem Spiel taktische Finesse. Darüber hinaus kann Schaden durch richtiges Timing minimiert werden, sowie Angriffe durch das Ausführen von kleinen Mikroaufgaben verstärkt. Über den Spielverlauf lassen sich Schriftrollen finden, die mächtige Komboangriffe ermöglichen. Diese sehen allesamt gut aus und man freut sich jedes Mal, wenn man eine neue Fähigkeit lernt. Die Charaktere sind übrigens im Kampf alle einsetzbar und jederzeit austauschbar. Das ist sehr vorbildlich und lässt mich positiv an Breath of Fire IV und Final Fantasy X zurückdenken.
Eine Besonderheit ist hier, dass Charaktere kein eigenes Level haben, sondern sich einen Gruppenlevel teilen. Bei jedem Aufstieg kann man ein paar Boni auswählen. Insgesamt bietet das Spiel die typische Kost. Wer mal gerade keine Lust auf die Rettung der Welt hat, kann sich im Angeln und Räder spielen versuchen. Letzteres ist das unfairste Spiel der Welt, dank dieses vermaledeiten Diebes, aber macht insgesamt trotzdem Spaß.
Die Wertungen
Damit kommen wir dann zu den Wertungen.
Gameplay:
Macht alles richtig, ist höchstens zu einfach an manchen Stellen
Sound:
Der Soundtrack ist nahezu perfekt
Grafik:
Die Pixelgrafik ist nahezu perfekt, wenn auch etwas unübersichtlich hier und da.
Geschichte:
Die Geschichte hat seine Momente, die Charaktere sind toll, aber alles voller Klischeebrei
Das Fazit
Ihr hört es vielleicht schon raus – ich bin von Sea of Stars völlig begeistert. Nun bin ich aber auch etwas voreingenommen, weil ich das Studio bereits seit „The Messenger“ liebe und mich sehr drauf gefreut hatte. Der wirklich sehr umfangreiche DLC macht ein ohnehin schon gutes Gesamtpaket noch deutlich besser. Sea of Stars gehört zu diesen Indie Rollenspiele, die alle paar Jubeljahre mal das Licht erblicken. Chained Echoes würde ich hier in eine ähnliche Sparte packen. Oftmals habe ich das Gefühl viele Entwickler – einschließlich einiger, die das Genre mitbegründet haben (Ja, ich meine euch Square Enix) – wissen gar nicht, was die Spiele von Anfang an ausgemacht hat. Sea of Stars ist hier eines dieser Positivbeispiele, die mich daran erinnern, warum ich Freude an dem Genre habe. Entsprechend dürft ihr das hier als ganz klare Empfehlung sehen.
Sea of Stars – Throes of the Watchmaker erschien am 20. Mai 2025 für Nintendo Switch, PlayStation 4/5, Xbox Series X/S und PC via Steam
Ein schöner Artikel hatte das Spiel nicht auf meinem Radar.
Ein RPG muss nicht immer zu kompliziert sein, solange das Gameplay stimmt, Story einigermaßen unterhaltsam, Musik und Kampfsystem, bin ich (meist) zufrieden.
Ich habe es gespeichert, denke ich werde mir die Switch Version zulegen. Als Sammler bevorzuge ich Module, daher keine der anderen Plattformen, wenn ich die Wahl habe.Gruß