Review: SaGa Emerald Beyond

Review: SaGa Emerald Beyond


Vielen Dank an msm.digital & Square Enix für das Bereitstellen der von uns genutzten Review-Version! Wir haben dieses Spiel für PlayStation 5 getestet.

 

Oh Junge, endlich mal wieder ein japanisches Rollenspiel. Die sind ja immerhin fast vom Aussterben bedroht… zumindest waren sie das mal hierzulande um die frühen 2010er Jahre herum. Mittlerweile kann man sich über das ziemlich breitgefächerte Angebot nicht mehr beschweren. Ein Persona hier, ein Final Fantasy da und Segas Yakuza-Reihe mischt hier inzwischen auch auf. Kenner wissen jedoch, dass wir uns mit diesen Titel eher im hoch budgetierten Bereich befinden. Das macht natürlich nicht den kompletten Markt aus, sondern bildet lediglich die preisliche Spitze. Für alle, die keinen Wert auf großen Bombast legen und ihr Rollenspiel nicht in hochqualitativ benötigen, gibt es die Spiele der B-Kompanie. Hier finden wir dann Star Ocean, Diofield Chronicles, Octopath Traveller und viele weitere Titel, die grundsätztlich mit weniger Budget auskommen müssen, jedoch eine gewisse Qualität durch ihre Systeme bewahren. Danach folgen die Indiespiele, die bis zur Veröffentlichung und erfolgreichen Vermarktung dem Kredo „On-Life-Support“ hinterherlaufen. Und dann – Ladies and Gentlemen – kommen die Saga Spiele von Square Enix. Eine Präsentation, wo sich Nackenhaare selbstständig ausreißen, gepaart mit Geschichten und Charakteren, entsprungen aus den Fantasien von Grundschülern. Genau das erwartet euch bei SaGa Emerald Beyond. „Toll gemacht, Micha. Hast mir das Spiel direkt versaut“ – werdet ihr euch jetzt denken. Doch hier kommt der Plot Twist. Rein mechanisch handelt es sich bei dem jüngsten Titel der Reihe um ein hervorragendes Rollenspiel, dass mit hoher Komplexität brillieren kann und seine Schwächen eindeutig ausgleicht. Das ist jedoch nicht für jeden was und deswegen lohnt sich das dranbleiben.

Die Entstehungsgeschichte

Romancing Saga 2

Die SaGa Spiele waren nicht immer ein technisches Debakel. Gerade zu den frühen Zeiten des Super Nintendo Entertaiment Systems (SNES für die coolen Kids) handelte es sich dabei um eine Reihe, die durchaus eine Daseinsberechtigung hatte. Das Kampfsystem war bereits damals hoch komplex und man verfolgte ein doch interessantes System. Ähnlich wie bei Final Fantasy in frühen Jahren, gab es auch hier Klassensysteme, die sich jedoch auf die Charaktere ausbreitete. Man wählte entsprechend keine Klasse aus, sondern einen Charakter und folgte dessen individuelle Geschichte. In den ersten Ablegern war die Wahl hier noch eher rudimentär, man weitete das System über Zeit jedoch deutlich aus. Das inzwischen populärste Beispiel der Reihe dürfte „Live a Live“ sein, das sein System über mehrere spielbare Figuren verteilt und erst am Ende einen gemeinsamen Klimax der Handlung bietet. Das war bereits damals ein vielversprechendes System und hat sich bis heute gehalten in der Reihe. Tatsächlich galt Romancing Saga als die intern rivalisierende Spielserie zu Final Fantasy. Davon bekam man im Westen jedoch nur wenig mit, da es die Titel erst mit SaGa Frontier (Dem PlayStation 1 Ableger) aus Nippon rausschaffte. Nichts desto trotz wurde eine Veröffentlichung von der Reihe mit ebenso großer Vorfreude erwartet, wie ein Final Fantasy.

Live a Live

Durch die späte Vermarktung und dem internationalen Erfolg von Final Fantasy VII rückte die Reihe allerdings immer mehr in den Hintergrund, woraufhin auch Budget und Entwicklungszeit für die Reihe schrumpften. Während SaGa Frontier 2 noch im Westen erschien mit einer weitestgehend guten Qualität, folgten ernüchternde Jahre für die Reihe. Im Jahr 2002 erschien Unlimited Saga, das bereits einige Schritte zurück machte. Es gab keine richtige Erkundung mehr und abgesehen von der Musik, wirklich schönen Zeichnungen von Yusuke Naora (Art Director Final Fantasy X, Final Fantasy XV, etc) und dem komplexen Kampfsystem, waren Kritiker, sowie Spieler nicht zu überzeugen. Durch die geringen Verkaufszahlen schrumpfte die Reihe schließlich auf geringstes Budget. Viele Jahre erschienen die Spiele ausschließlich auf dem asiatischen Markt und auch sonst wurde nicht viel hineininvestiert. Erst der wachsenden Popularität der Remaster von „Romancing Saga 2“, sowie Teil Drei der Reihe, konnten die Spiele im Westen wieder Fuß fassen. Und das bringt uns zum heutigen Tage, wo Saga Emerald Beyond als neuestes Spiel der Reihe das Licht der Welt erblickt hat

 

Die Story

Die Handlung gibt von vornerein serientypisch die Wahl aus verschiedenen Charakteren. Diese wirken allesamt, wie vom lokalen Cosplay Convent entführt und bieten Vampire, Polizisten, Mecha Sängerinnen und den generischen Helden. Die SaGa Reihe war dahingehend schon immer bekannt dafür der M.U.G.E.N. (Ein Hoch auf die fünf Personen weltweit, die den Witz verstehen) Ableger für Klischees und visuelle Abziehbilder zu sein. Das ist hier auch nicht anders. Wir verfolgen für jeden Charakter eine individuelle Geschichte mit einer individuellen Herkunftswelt. Das „Beyond“ im Titel ist nämlich namensgebend für den Verbund von allerhand Welten, die miteinander verbunden sind. Dieser schwebt nämlich in Gefahr und muss nun von den Auserwählten gerettet werden. Dafür reisen wir mit der ausgewählten Spielfigur durch die Welten, lernen neue Gefährten kennen und lösen die Probleme. Das Konzept ist grundlegend interessant. Auch manche der Hintergrundgeschichten lösten in mir einen zweiten Blick voller Neugierde aus nachdem diese sich etwas entfalteten. Leider reicht es hier allerdings nicht zu mehr als einem interessanten Konzept. Saga Emerald Beyond wusste augenscheinlich nicht ganz wohin mit alle dem. Entsprechend entwickeln sich die Charaktere nicht weiter, es ist wirklich schwer der Narrative zu folgen und auch grundsätzlich ergibt das alles leider kaum bis gar keinen Sinn. Wir erfahren nur rudimentär etwas über die Welten und deren Situationen. Darüber hinaus wirkt die große Gefahr redundant, da das Spiel schlichtweg kaum vermittelt bekommt, was denn jetzt das Problem ist – abgesehen von: Die Welt ist in Gefahr. So merkt man dem Spiel doch recht schnell an, dass hier nicht der Fokus lag. Das merkt der findige Spieler auch, wenn er sich die allgemeine Präsentation ausschaut. Die Geschichte wird nämlich in guten alten unvertonten Textboxen mit statischen Charakterportraits erzählt. Schläft man bei all der Aufregung dann zwischendurch doch mal ein, kann man die Dialoge nochmal rückspulen. Ein Überspringen ist nicht möglich und die Gespräche wirken oft aneinander vorbeigesprochen, wobei es wirklich nicht hilft, das die einzelnen Figuren so sprechen, wie sie in ihrem Klischee gezeichnet sind.

Die Hauptfiguren

Die Grafik

Artworks

Die Story ist also schonmal eher so „meh“. Grafisch wird es leider nicht besser. Grundlegend sei gesagt: Das Charakterdesign bietet mehr Klischees als ein Kölner Karnevalsladen. Das ist jedoch nicht zwingend was schlechtes. Die Figuren sehen abgerundet aus und viele der Designs funktionieren für das, was sie sein wollen. Klar, die Gesichter und deren Animationen stammen aus der Vorhölle, aber das ist in Ordnung. Selbiges lässt sich über das User Interface und den Menüs sagen. Hier ist alles übersichtlich und wird klar vermittelt. Auch das Gegnerdesign ist in Ordnung. Hier wird einen nichts vom Hocker hauen, aber wirklich schlimm ist es jetzt auch nicht. Hier und da gibt es ein paar Dopplungen, allerdings empfand ich dies persönlich nicht als störend. Die verschiedenen Welten sind zwar simpel gehalten, aber wirken insgesamt ganz schön und haben oft sogar was atmosphärisches. Im Kampf sind einige der Effekte ganz hübsch anzusehen und die Vielfalt an Waffendesigns ist positiv hervorzuheben. Auch hier wird klar, dass der Fokus nicht auf der Präsentation lag.

Die Musik

Kenji Ito

Musikalisch kann sich das Spiel allerdings sehr gut sehen lassen. Für den Soundtrack zeichnet sich erneut Kenji Ito verantwortlich, der bereits seit Beginn der Serie für die Spiele komponiert. Die Musik passt sich dabei hervorragend den Welten an und auch im Kampf bleibt diese eindrucksvoll hängen. Selbiges gilt für die Musikeffekte in den Scharmützeln. Diese heizen das Geschehen ordentlich ein und auch sonst weiß die Musik hier zu überzeugen. Besonders schön ist das, wenn viele verschiedene Gattungen aufeinandertreffen, da diese auf die Lokationen abgestimmt sind. Entsprechend gibt es ruhige Musik, Synthesizer, Rock, Metal und vieles mehr. Das weiß grundsätzlich zu überzeugen und führt sich durch das gesamte Spiel. Auch schön ist die generierte Abwechslung durch eine große Anzahl an verschiedenen Tracks. Im Kampf selbst fangen die Charaktere auch an zu reden und sind synchronisiert. Die Stimmen sind grundlegend in Ordnung, wenn auch die Texte selbst schnell verdrängt sind.

Das Gameplay – Das Herzstück

Ab und an gibt es kleine Rätsel

Ganz und gar nicht verdrängt wird hingegen das Kampfsystem. Doch bevor wir uns diesem widmen, gehe ich mit euch einmal das wesentliche Spielgeschehen durch. Nachdem einer der Fünf Szenarien mitsamt passendem Charakter gewählt ist, folgt ein wenig redundante Vorgeschichte. Danach befinden wir uns im Weltenhub. Hier treffen alle Dimensionen zusammen und diese bildet entsprechend den Kern. Von hier aus wählen wir einen Ort unserer Wahl und erleben die dazu gehörige Geschichte. Nachdem eine Welt betreten wurde, ändert sich die Ästhetik in die eines Bilderbuches. Auf dieser kleinen Oberwelt laufen wir nun von A nach B, um verschiedene Gespräche zu triggern und die Handlung voranzutreiben. Durch eine Analysekraft decken wir die nächsten Pfade auf. Mal müssen wir einfach nur hin und her laufen, während wir der Geschichte folgen, mal ist es eine Nebenmission und dann gibt es noch die Kampfareale. Grundsätzlich kann letzteres nach Belieben im Schwierigkeitsgrad gewählt werden. Entscheidet man sich für einen hohen, fällt die Belohnung entsprechend besser aus und der Charakter wächst schneller. Das ist im Grunde alles zu den Basiselementen des Spieles.

Das Gameplay – Der Kampf

Manche Designs sind dann doch ganz cool

Wie bereits erwähnt, bildet der Kampf in Saga Emerald Beyond das Herzstück des Titels. Serientypisch gibt es keine klassischen Manöver, sondern diese unterteilen sich abhängig vom Charakter und dessen Ausrüstung. Beispielsweise ist Tsunamori Mido mit einem Schwert ausgerüstet. Dies ermöglicht ihm am Anfang die Manöver „Eliminate“ und „Brusque Slice“. Dabei handelt es sich weitestgehend um normale Angriffe. Nach jedem Kampf und jeder Ausführung steigt die Erfahrung im Umgang mit dem Schwert. Dadurch schalten sich neue Fähigkeiten frei. Jeder dieser kostet eine gewisse Anzahlung Punkte (Dargestellt durch Sterne). Diese sind nicht auf einen Charakter festgelegt, sondern das Kampfteam aus insgesamt fünf Figuren teilen sich diese. In jedem Kampf beginnt man mit zunächst vier Sternen. Sind diese aufgebraucht, endet auch der Zug und alle, die keine Fähigkeit ausgesucht haben, machen eben nichts. Dadurch verhindert das Spiel jedoch, dass durchgehend die stärksten Techniken eingesetzt werden, sondern man muss situationsbedingt agieren, um nicht direkt von Anfang an im Nachteil zu sein. Die Kämpfe haben es teilweise nämlich in sich, insbesondere wenn man engstirnig die leichten Kämpfe auswählt. Das ist jedoch nicht alles. Viele der Fähigkeiten haben unterschiedlichste Effekte und Boni, die in Combo Angriffe münden. Charaktere können gedeckt werden, während Zauber ausgelöst werden. Man kann Magie oder andere zeitlastige Züge in Gang setzen, um diese im entsprechenden Zug in einer gewaltigen Kombi loszulösen. Das System birgt hier endlos viele Möglichkeiten, wie es auch viele verschiedene Verbündete anbietet. All diese lernen nochmal verschiedene Klassen und Rollen kennen, wodurch es noch mehr Modifikationen gibt. Waffen können, wie in Monster Hunter, durch verschiedenste Materialien individuelle Spielstile ermöglichen.

Das Gameplay – Charakterwachstum

Die Mecha Sängerin

Direkt vorweg: Es gibt kein klassisches Level-System, wie man es aus Rollenspielen gewohnt ist. Stattdessen bediente man sich beim SaGa Wachstumssystem an dem von Final Fantasy II. Während dies da aber eher mit Frust verbunden war, weil es eben nicht bis zum Ende durchdacht war, funktioniert das bei den SaGa Spielen besser. Nach jedem Kampf wachsen entsprechend einzelne Werte. Das wird jedoch nicht blind gewürfelt, sondern folgt einem soliden Konzept. Kämpft man hauptsächlich mit Magie, erhöhen sich die magischen Fähigkeiten. Beim Schwertkampf wächst die körperliche Kampfkraft, oder müssen wir besonders viel einstecken, erhöhen sich die Lebenspunkte. Das funktionierte im Spieldurchgang ziemlich gut und half Charaktere gezielt zu entwickeln. An roten Nebenmissionportalen können Gegenstände für den Charakterwachstum erwirtschaftet werden, da diese sich beliebig oft wiederholen lassen.

Die Wertungen

Damit kommen wir dann zu den Wertungen.

Gameplay:

85

Kampfsystem und Charakterentwicklung sind großartig, rumlaufen und reden nicht so

Sound:

90

Kenji Itos Musik ist nach wie vor großartig. Wertet die Präsentation sehr auf

Grafik:

60

Es ist kein Totalausfall – Gut ist anders, tho

Geschichte:

45

Das Grundkonzept ist interessant. Da endet es auch schon.

Gesamtwertung
70

Das Fazit

Ebenfalls wiederhole ich mich für das Fazit nochmal. SaGa Emerald Beyond ist durchaus ein Rollenspiel, das eine Chance verdient hat. Die Geschichte ist fürchterlich belanglos und nahezu alle optischen Aspekte des Titels ließen mich mit einem Gähnen zurück. Dafür punktet es jedoch mit einem wirklich schönen Spieldesign, dass viel Wert auf seine Wurzeln legt, sich dabei aber auch gerade für Mechanik-Enthusiasten, die keinen Wert auf eine tolle Geschichte legen, wild austoben können. Rein vom Kampf- und Charakterentwicklungssystem hat es nämlich auch mehr zu bieten als ein Final Fantasy XVI, wenn auch viele das dementieren würden und nicht hören wollen. Der Kaufpreis in Höhe von 49,99 ist allerdings für die Schwächen dann doch etwas happig, wird aber erfahrungsgemäß fallen in den nächsten Wochen.

Square Enix befindet sich immer mehr im Umbruch, sowie einer damit einhergehenden Krise und es bleibt fraglich, wie viele Spiele es dieser Art noch realistisch geben wird, sobald intern alles umgewirtschaftet wurde. Fakt ist jedoch, dass solche Rollenspiele notwendig sind für den Markt, da sie durch ihre Komplexität das Genre voranschreiten lassen, wie es beim cineastischen Bombast nunmal nicht zwangsweise der Fall ist. Gerade durch das gelungene Spieldesign merkt man, das für den Rest schlicht das Geld gefehlt hat. Für alle die sich nicht durch die eindeutigen Schwächen abschrecken lassen, kann ich entsprechend eine Empfehlung aussprechen. Allen anderen empfehle ich die Demo oder es im nächstbesten Sale zu erwerben.


SaGa Emerald Beyond erschien am 25. April 2024 auf PlayStation 4/5, Nintendo Switch und Steam.

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Über Michael 13 Artikel
Als neuer "alter" Redakteur befasse ich mich mit News rund um die Publisher und Entwickler Schmiede Square Enix. Wenn ich mich nicht gerade mit alten Videospielen für die Return rumschlage, gehe ich in meiner Freizeit Boxen und Volleyball spielen.

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